Yakuza: Like A Dragon [PlayStation4]

Kiryus Erbe

Erinnert man sich mal zehn Jahre zurück, war die „Yakuza“-Reihe ein echtes Stiefkind für Sega im Westen. Und das obwohl man mit dem ersten Teil damals so furios durchstarten wollte und sogar ein beachtliches Line-up an Synchronsprechern wie Mark Hamill verpflichtete. Doch irgendwie war die Zeit noch nicht gekommen und auch einige Schnitte bei Teil 3 und 4 machten „Yakuza“ nicht gerade beliebter…

Doch spätestens mit „Yakuza 0“ machte es bei vielen Spielerinnen und Spielern Klick, was sicherlich auch an dem Titel selbst lag, der eigentlich als perfekter Einstieg in die Serie gesehen werden kann. Mittlerweile ist es selbstverständlich geworden, dass die „Yakuza“-Spiele auch bei uns im Westen erscheinen, auch wenn man immer mit etwas Verzögerung rechnen muss. Immerhin ist die Lokalisation der Spiele doch recht umfangreich und aufwendig.

Mit dem siebten Teil geht die Reihe nun einen neuen Weg, denn nach der Saga rund um Ex-Yakuza Kazuma Kiryu gibt es nicht nur einen neuen Hauptdarsteller, sondern auch ein komplett neues Spielsystem. Ob „Yakuza: Like A Dragon“ trotzdem überzeugen kann, lest ihr in unserem Test der PlayStation4-Version.

Verrat und blinde Solidarität

In der Rolle von Ichiban Kasuga startet ihr an Silvester 1999 in die Geschichte. Aufgewachsen in einem Soapland in Kamurocho hatte er schon immer eine gewisse Faszination für den dortigen Rotlichtbezirk und somit auch die etwas düstereren Gestalten in Form der Yakuza. Als es zu einem Zwischenfall kommt, rettet ihn aber der Patriarch Arakawa und wird fortan sowas wie sein Ziehvater. Nun kam es aber in der Neujahrsnacht zu einem verheerenden Ereignis, das das Gleichgewicht zwischen den einzelnen Klans in Gefahr bringen könnte. Arakawa sucht nun jemanden, der die Schuld dafür auf sich nimmt und somit die Situation beruhigt. Und hier kommt Ichiban ins Spiel. 

Dieser war dem Patriarchen immer treu ergeben und folgte ihm fast blind, was ihn nun für eine Tat in den Knast gehen lässt für die er keine Schuld trägt. Doch die Aussicht auf die Rückkehr zum Arakawa-Klan bringt Ichiban durch die vielen Jahre im Gefängnis. Als er wieder entlassen wird, folgt die große Enttäuschung: keiner des Klans holt ihn ab, er scheint vergessen. 

Bei Nachforschungen findet er heraus, dass sein ehemaliger Boss nun gemeinsame Sache mit den Yakuza aus Osaka macht, was damals als komplett unmöglich erschien. Ichiban macht sich nun auf die Suche nach den Gründen dafür und will seine Ehre wieder herstellen…

 

 

Vom Brawler zum Rollenspiel 

Die „Yakuza“-Reihe war bisher für ihr prügelreiches Gameplay bekannt, in dem man Gegner zu 98% mit den Fäusten zur Vernunft bringen musste. Doch in „Yakuza: Like A Dragon“ ist das Spielprinzip komplett auf den Kopf gestellt. Zwar zieht ihr noch in bekannter Thirdperson-Perspektive durch Kamurocho und das neu hinzugekommene Yokohama, Auseinandersetzungen spielen sich aber nun in rundenbasierten Kämpfen ab. 

Dabei verfügt jedes eurer bis zu vier Partymitglieder über einen Standardangriff, der durch den Einsatz einer Waffe nochmal verstärkt werden kann. Dazu kommt eine Taste für die Defensive und eine für den Einsatz von Gegenständen wie Granaten oder Baseballs. Über den Punkt „Skills“ könnt ihr im Tausch gegen Magiepunkte spezielle Fähigkeiten einsetzen, die sich entweder gegen eure Feinde richten oder die eure Werte oder die des Gegners beeinflussen. 

Zu den Kämpfen selbst, kommt es eigentlich wie in früheren Teilen. So pöbeln euch auf der Straße irgendwelche Kleinkriminelle an oder aber ihr prügelt euch durch Massen an Yakuza, weil ihr irgendein Büro eines Klans stürmt. Schöne Randnotiz: dieser Rollenspiel-Aspekt macht richtig Sinn, da Ichiban immer wieder begeistert von „Dragon Quest“ spricht und sich in seiner Rolle sehr häufig mit einem Helden aus einem RPG vergleicht. Da hat sich der Entwickler also schon was bei gedacht…

Für jeden erfolgreichen Kampf bekommt ihr Erfahrungs- und Jobpunkte, außerdem verbessert ihr die Bindung zu euren Party-Mitgliedern, was unter anderem zu stärkeren Tagteam-Angriffen führen kann. Waffen und Rüstungsteile findet ihr entweder in der Spielwelt oder erwerbt sie in entsprechenden Läden. Ab einem gewissen Punkt können diese dank Materialien verbessert werden.

Viel zu tun für Ichiban

Aber auch abseits der Hauptstory rund um Verrat und Mafia-Klans gibt es unzählige Beschäftigungsmöglichkeiten für Ichiban Kasuga und seine Crew. Neben den obligatorischen Lokalen, in denen ihr euch mit allerlei japanischen Köstlichkeiten vollstopfen könnt, findet ihr auch wieder die bekannten Spielhallen mit Sega-Titeln oder trällert ein Liedchen beim Karaoke.

Als Heimatloser bewegt sich Ichiban anfangs recht viel im Milieu der Obdachlosen und muss dabei natürlich auf jeden Yen achten. So sucht ihr vor Automaten nach heruntergefallenen Münzen oder sammelt in einem Minispiel Dosen, um dafür Pfand zu bekommen. Das Geld liegt also sprichwörtlich auf der Straße, aber man muss schon recht gut haushalten. 

Denn zum einen verliert man Yens, wenn man einen Kampf verloren hat, zum anderen muss man mit der Kohle natürlich Support-Items kaufen. Ohne Reisbällchen oder Bentoboxen im Inventar kommt man nämlich in den Missionen nicht sonderlich weit. Denn die Feinde machen ordentlich Schaden und so ganz ohne sind die Auseinandersetzungen somit nicht.

Außerdem seid ihr gut beraten, wenn ihr euch mit zusätzlicher Ausrüstung eindeckt und somit die Statuswerte dauerhaft verbessert. So ein neuer Baseballschläger für Ichiban oder ein ordentlicher Stock für Nanba können schon Wunder bewirken.

„Yakuza: Like A Dragon“ steckt aber auch wieder voller Anspielungen und Gastauftritte bekannter Figuren. So trefft ihr erneut auf den Yakuza-Boss, der sich gerne in Windeln dem Babyplay hingibt oder ihr sammelt 252 verschiedene Gegnerarten ähnlich wie bei „Pokémon“ und archiviert sie in einem Index. Außerdem könnt ihr Insekten sammeln, kämpft gegen den Schlaf im Kino an oder erledigt als Part-Time-Hero Aufgaben….ein riesiger Spaß!

 

 

Technischer Fortschritt

Wie schon „Yakuza 6“ macht auch der aktuelle Teil Gebrauch der neuen Dragon Engine, doch im Vergleich zu Kiryus letztem Auftritt läuft „Like A Dragon“ viel runder und nervt nicht mit dem extremen Tearing. Die beiden Stadtviertel sind schön nachgebaut und Yokohama bietet nicht nur viel mehr Platz, sondern auch ein paar tolle Schauwerte. Insgesamt wirkt es aber etwas lebloser als das Rotlichtviertel Tokyos. 

Ein echtes Highlight sind mal wieder die Charaktere, die – zumindest bei den Hauptfiguren – fotorealistisch aussehen und mit ihrer Mimik begeistern. In Sachen Animationen sind aber viele dennoch immer noch recht hüftsteif in Alltagsbewegungen, in den Kämpfen sieht das aber immer sehr beeindruckend aus.

„Yakuza: Like A Dragon“ ist mal wieder großartig vertont im Japanischen, ein großes Lob geht an die Übersetzung der deutschen Texte. Diese sind so wortgewandt und lustig wie frühere Super Nintendo-Spiele, ein echtes Highlight ist der Dialog bei der Nebenmission, in der man einen Wildpinkler fangen muss. 

Auch die musikalische Untermalung sorgt für die passende Mafia-Stimmung. So werden Zwischensequenzen mit epischer Musik untermalt, die Kämpfe dann aber mit treibendem Rock. Wo bleibt eigentlich die Soundtrack Collection der „Yakuza“-Reihe, liebes Sega-Team?

  • Story
  • Grafik
  • Gameplay
  • Spielspaß
4.3

FAZIT: Absolutes Highlight der Reihe!

Viele Fans waren im Vorfeld richtig skeptisch, was das neue „Yakuza“ anging. Gerade der Wechsel vom Brawler-Kampfsystem zu rundenbasierten Auseinandersetzungen im Stile eines JRPGs schreckte viele ab. Doch man kann „Yakuza: Like A Dragon“ ganz getrost als eines der besten Spiele der Reihe bezeichnen.

Das liegt nicht nur an dem neuen Hauptdarsteller Ichiban, der mit seiner leicht trotteligen Art etwas sympathischer als der mürrische Kiryu wirkt. Sondern eben auch an der Frische, die das neue Kampfsystem mit sich bringt. Zwar orientieren sich die Grundmechaniken an den typischen JRPG-Features, aber im Zusammenspiel mit dem modernen Setting ergeben sich hier wirklich einzigartige Momente.

Während schon die Hauptgeschichte mit ihren Wendungen und Geschehnissen zu begeistern weiß, sind es aber auch mal wieder die zahlreichen Nebenmissionen und Beschäftigungsmöglichkeiten, die das Spiel zu etwas Besonderem machen. Wie gewohnt, erzählt der Entwickler hier allerlei großartige Geschichten, seien es lustige oder bewegende. Ganz großes Kino!

Es könnte möglich sein, dass „Yakuza“ mit diesem siebten Serienteil der endgültige Durchbruch im Westen gelingt und man sich somit endlich keine Sorgen mehr machen muss, ob die Nachfolger bei uns veröffentlicht werden oder nicht. „Yakuza: Like A Dragon“ ist nach „Yakuza 0“ sicherlich der zugänglichste Serienteil und setzt Kazuma Kiryus Erbe passend fort. Unbedingt anspielen, liebe Leute!

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Christian Suessmeier
Über Christian Suessmeier 3855 Artikel
Nachdem ich schon in jungen Jahren Prinzessinnen aus den Klauen bösartiger Reptilien rettete und mich mit einem kleinen Raumschiff durch das Weltall ballerte, ließ mich die Faszination Videospiele nicht mehr los. Besonders japanische Spiele haben es mir angetan, außerdem war ich auch immer ein großer Fan von spezielleren Konsolen wie dem Sega Saturn. Ein Herz für Außenseiter quasi! In Sachen Spielen verehre ich die "Yakuza"-Reihe, mag filmische Abenteuer wie "The Last of Us" und absolviere gerne mal eine Partie "PES" zwischendurch. Ansonsten schlägt mein Herz aber auch für den japanischen Film, Regisseure wie Shion Sono, Shinya Tsukamoto oder Takeshi Kitano sind einfach Gold wert. Weiterhin investiere ich meine Zeit aber auch gerne in Comics und dem kreativen Arbeiten(Schreiben, Zeichnen...).