“Paper Girls” – Was kann die TV-Umsetzung des Comic-Hits?

Serie oder Comic? Das ist hier die Frage!

Ende Juli 2022 startete bei Prime Video die erste Staffel der TV-Serie „Paper Girls“, in der es um vier Teenager-Mädchen geht. Diese werden am Morgen nach Halloween auf ihrer Tour als Zeitungsmädchen plötzlich in eine wilde Zeitreise gerissen, die sie nicht nur mit ihren späteren Schicksalen konfrontieren wird, sondern auch in einen Krieg zwischen zwei Fronten platziert.

Wie so oft bei solchen Verfilmungen stellt sich die Frage, inwiefern die Vorlage getreu umgesetzt wurde und welche Freiheiten sich die Autoren bei der TV-Umsetzung genommen haben. Oder ist die Serie gar besser als der Comic? Dieser Frage will ich im Rahmen meiner Kolumne nachgehen. Achtung: sicherlich gibt es hier den ein oder anderen Spoiler! Ich versuche diese aber so klein wie möglich zu halten. Dennoch solltet ihr den Artikel mit Bedacht lesen, wenn ihr euch den Comic und die Serie noch mal anschauen wollt. 

 

 

Am Anfang war der Comic

Das erste Comic-Heft von „Paper Girls“ erschien im Oktober 2015 und war sogleich ein großer Erfolg. Zum einen lag das sicherlich an der genialen Umsetzung des Stoffs von Brian K. Vaughan durch Zeichner Cliff Chiang, zum anderen hatte da aber sicherlich auch der aufkommende Hype rund um „Stranger Things“ – welches einige Monate erst starten sollte – seine Finger im Spiel. Schließlich haben wir es hier auch mit einer Gruppe Jugendlicher zu tun, die in den USA der 80er Jahre eine Reihe von übernatürlichen Ereignissen erlebt. Das war es im Grunde aber auch schon mit den Ähnlichkeiten…dazu später sicherlich aber nochmal mehr.

Autor Vaughan, den man unter anderem durch die TV-Serie „Under the Dome“ und Comics wie „Saga“ oder „Y: The Last Man“ kennen könnte, brachte der Serie natürlich schon vor dem Start einiges an Aufmerksamkeit und Vorschusslorbeeren, denen die Reihe dann aber auch gerecht wurde. So gewann sie zahlreiche Preise, unter anderem den renommierten Eisner Award und begeisterte im Laufe ihrer Veröffentlichung mit zahlreichen Wendungen, ihrer Fantastik und den unglaublich schön geschriebenen Figuren.

Natürlich haben auch Zeichner Cliff Chiang und Kolorist Matt Wilson zum Erfolg beigetragen. Ersteren kannte man bis dahin vor allem durch zahlreiche Beiträge in Comics vom „Batman“-Verlag DC Comics, sein etwas reduzierterer Stil ist fast schon ikonisch und hat definitiv einen hohen Wiedererkennungswert. Betont wird dieser durch die tolle Farbgebung von Wilson, die vor allem aus Pastellfarben besteht und so vor allem das 80er Jahre-Setting unterstreicht.

Nach dreißig Heften und sechs Sammelbänden endete „Paper Girls“ im Jahr 2019. Außerdem wurde dessen TV-Umsetzung von Amazon angekündigt, was natürlich für einiges an Aufregung bei den Fans sorgte. Für die Adaption zuständig war dabei unter anderem Stephanie Folsom, die auch schon bei „Thor: Ragnarök“ und „Toy Story 4“ mitarbeitete, das Projekt jedoch gut ein Jahr vor dessen Ausstrahlung verlies. Dies hatte jedoch keinen Einfluss auf die Serie, die dann am 29.Juli 2022 bei Amazon Prime startete. 

 

 

Eher Coming of Age als Zeitreise

Wobei wir wieder in der Gegenwart angekommen sind und ich gerade eben sowohl die Serie als auch noch mal den Comic beendet habe. Denn natürlich vergleicht man in solch einem Fall immer die Vorlage mit der Umsetzung und möchte wissen, wo man sich welche Freiheiten genommen hat oder sich strikt an die Vorlage hält. Und das ist bei „Paper Girls“ eigentlich recht eindeutig…

Denn abgesehen von den vier, grandios gecasteten Schauspielerinnen, die ihren Comic-Vorlagen teilweise wie aus dem Gesicht geschnitten gleichen, hat dich die Prime-Serie verdammt viele künstlerischen Freiheiten genommen. Und das denkt man in den ersten Minuten noch gar nicht, denn da hält sich die Serie erstaunlich nahe an der Vorlage und übernimmt teilweise Panels 1:1. Gut, die Farbgebung ist nicht so schön wie im Comic und sieht recht billig aus, aber da wollen wir mal nicht so sein. Doch schon kurz danach gehen Vorlage und Serie getrennte Wege. Auch wenn man noch den ersten Zeitsprung ins Jahr 2016 mit macht, spätestens da trennt sich der Zeitstrahl dann gehörig von einander. 

Während die Serie dann zu einer Abfolge von Begegnungen mit den älteren Ichs der Mädchen wird und so in ganz klassische Coming of Age-Gefilde abdriftet, wird es im Comic recht wild. Zeitreisende auf fliegenden Dinosauriern, ein Abstecher in die Urzeit und ein mysteriöser alter Mann, der anscheinend den Überblick über die ganze Situation hat, sind nur die Spitze des Eisbergs.

Hier merkt man dann doch deutlich, dass das Budget der Serie vielleicht nicht ganz so hoch war und man sich entscheiden musste, für was man die vielen Dollar letztlich ausgibt. So gibt es da leider keine Dinos zu sehen, immerhin aber einen kleinen Mech-Kampf mit doch recht ansehnlichen Effekten. Und das ist es dann auch sicherlich wo sich die Gruppe der Zuschauer*innen ganz klar trennt. Zum einen gibt es da die enttäuschten Comic-Fans, denen einige der genannten Inhalte fehlen, zum anderen sind da die „Unwissenden“. Denn als jemand, der die Vorlage nicht kennt, könnte die Serie „Paper Girls“ dann doch recht unterhaltsam sein. Man merkt zwar hier und da einfach, dass gewisse Verbindungen fehlen und es an Hintergrundwissen mangelt, aber dennoch ist es keine schlechte TV-Serie. 

Aber auch Amazon scheint sich noch nicht sicher zu sein, wie man mit „Paper Girls“ weitermacht.  So finden sich im Netz keine verlässlichen Angaben zu einer zweiten Staffel und einer möglichen Fortsetzung des Ganzen. Sicher ist nur, dass man hier wesentlich mehr Geld in die Hand nehmen müsste, um nur annähernd dem Comic gerecht zu werden. 

Auch die gemischten Kritiken sind sicherlich nicht förderlich für die Entscheidungsfindung beim Internet-Giganten. Und hier kommen wir noch mal zu dem Vergleich mit „Stranger Things“, der vielerorts eine recht hohe Erwartungshaltung schuf. Denn abgesehen von dem Grundschema „Teenager legen sich mit übernatürlicher Macht an“ haben die Serien rein gar nichts miteinander zu tun. Gut, das 80er Jahre-Setting ist am Anfang noch von etwas Bedeutung, aber nicht in dem Maß wie bei Netflix’ Serien-Hit. Also erwartet bitte kein „Stranger Things“ beim Schauen oder Lesen. „Paper Girls“ ist etwas ganz eigenes und bietet sowohl als Comic als auch als Serie eine ganz eigenständige Geschichte und Herangehensweise. 

*UPDATE vom 13.09.* Mittlerweile hat sich Amazon dazu entschieden, die Serie nicht fortzuführen. Umso mehr sei euch nochmal der Comic ans Herz gelegt!

 

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

 

Letzte Aktualisierung am 28.03.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API

Letzte Aktualisierung am 28.03.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API

Anzeige: Wir sind stolze Partner von Amazon, MediaMarkt, JPC und verschiedenen anderen Shops. Durch qualifizierte Verkäufe verdienen wir eine Provision, ohne dass für euch zusätzliche Kosten entstehen. Eure Unterstützung bedeutet uns viel – herzlichen Dank! Hinweis: Links, die mit „*“ markiert sind, sind Partnerlinks. Bitte beachtet, dass sich Preise ändern können, Versandkosten nicht in den angezeigten Preisen enthalten sind und bei Bestellungen außerhalb der EU Zollgebühren anfallen können. Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr.
Christian Suessmeier
Über Christian Suessmeier 3855 Artikel
Nachdem ich schon in jungen Jahren Prinzessinnen aus den Klauen bösartiger Reptilien rettete und mich mit einem kleinen Raumschiff durch das Weltall ballerte, ließ mich die Faszination Videospiele nicht mehr los. Besonders japanische Spiele haben es mir angetan, außerdem war ich auch immer ein großer Fan von spezielleren Konsolen wie dem Sega Saturn. Ein Herz für Außenseiter quasi! In Sachen Spielen verehre ich die "Yakuza"-Reihe, mag filmische Abenteuer wie "The Last of Us" und absolviere gerne mal eine Partie "PES" zwischendurch. Ansonsten schlägt mein Herz aber auch für den japanischen Film, Regisseure wie Shion Sono, Shinya Tsukamoto oder Takeshi Kitano sind einfach Gold wert. Weiterhin investiere ich meine Zeit aber auch gerne in Comics und dem kreativen Arbeiten(Schreiben, Zeichnen...).

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar verfassen